Don Quijote – der Träumer von la Mancha

Eine temperamentvolle spanische Romanze: Don Quijote am Stuttgarter Ballett. Die Fassung von Maximiliano Guerra trägt den Zwischentitel Der Träumer von la Mancha – und baut die Ansätze aus dem Original von Miguel de Cervantes weiter aus und um. Selbstverständlich mit von der Partie: Fächer und Torero.

Ein Prolog leitet die eigentliche Handlung ein: Miguel de Cervantes, Autor von Don Quijote, ist in seiner Bibliothek zu sehen, wie er sich Gedanken über einen neuen Roman macht. Brainstorming betreibt, wie man heute sagen würde… In Gedanken versunken schläft er ein, träumt – im Traum erscheint ihm seine neue Romanfigur Don Quijote (Matteo Crockard-Villa). De Cervantes verkleidet sich und übernimmt eigenhändig die Rolle seiner erschaffenen Figur.

Was jetzt passiert, lenkt den Blick von Don Quijote, dem eigentlichen Protagonisten, auf Kitri und Basilio. Sie sind ineinander verliebt – und beanspruchen in weiten Teilen der Bühnenfassung die Aufmerksamkeit für sich. Es geht – wie so oft – um eine Liebe, der Hürden in den Weg gestellt werden, seitens Kitris Elternhauses und seitens eines weiteren Verehrers, der mit Vermögen glänzen will.

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Kitri und Basilio sind hervorragend besetzt: Elisa Badenes fühlt sich in ihrer Rolle als Kitri sichtlich wohl. Die gebürtig aus Valencia stammende Tänzerin versteht es, sich ihrem spanischen Charme zu bedienen. Mit ihrer Gelassenheit verschafft sie sich Raum, kokett hantiert sie mit ihrem Fächer, mit dem sie durch spielerisches Auf- und Zufächern in Momenten der Stille grandiose Spannung erzeugt. Adhonay Soares da Silva ist der Basilio der Herzen an diesem Abend. Er verleiht dem mittellosen Barbier den Glanz eines Edelmanns, strahlt im Solo wie im Duo und man kann guten Gewissens behaupten: da Silva sorgt dafür, dass der Funke überspringt, von der Bühne in den Zuschauerraum.

Meistens ist die Bühne gut gefüllt, ob Kitris kichernde Freundinnen sie umgeben oder ob die Festgesellschaft jubelt – ausgelassene Stimmung in orange-roten Gewändern. Wie aus der Farbpalette einer Blutorange mit ihren verschiedenfarbigen Fasern in orange-rot. Ein feierliches Gesamtbild.

Rot sind auch die Umhänge, die als Torero-Tücher gehandhabt werden und in einer imposanten Choreographie das Bild eines erdachten Stierkampfes darlegen – ohne Stiere, aber mit viel spielerischer Fantasie. Das Torero-Treiben wird unterbrochen von Don Quijote und seinem Gefährten Sancho Pansa, der das drahtige Pferd hereinführt, auf dem sich Don Quijote ein Schläfchen genehmigt. Louis Stiens als Sancho Pansa zeigt sich spielgewandt; der liebenswerte Tollpatsch mit strubbeligem Haar und gebückter Haltung kann zwar wenig von seinem tänzerischen Können zum Besten geben, agiert aber einprägsam.

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Der wohl bekannteste Abschnitt der Geschichte des Don Quijote ist der Kampf mit der Windmühle – gegen die unterbundene Liebe, für die Gerechtigkeit. Diese Szene ist stilisiert; die Windmühlensegel aus dem Anfangsbild bestücken weiterhin die Bühne, zusätzlich ist im Hintergrund eine eingeblendete Animation einer Windmühle zu erkennen; wie sie sich windet und wendet. Sie kann den Effekt verstärken, ja, wirkt aber erzwungen in der Dorfidylle des frühen Spaniens.

Abgesehen davon, dass Don Quijote an diesem Abend selten auf der Bühne zu sehen ist, wo sich doch die nach ihm benannte Geschichte eigentlich um ihn dreht, ein feierliches Handlungsballett. Komödiantische Züge und eine turbulente Liebesgeschichte, die sich letztendlich doch zum Guten wendet. Ein Tanzensemble, das Hand in Hand mit dem Orchester geht. Mit zwei Pausen zeitintensiv, doch sehenswert.

Text: Leah Wewoda
Bildrechte: Stuttgarter Ballett